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Die Geschichte hinter der Briefmarke

Verantwortlicher Autor: Sharon Oppenheimer Tel Aviv, 22.04.2019, 21:35 Uhr
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Tel Aviv [ENA] Im März 2018 startete der Film „Rangroot“ in den Kinos. Das Kriegsdrama erzählt die Geschichte der Sikh-Soldaten aus Indien, die den Horror des 1. Weltkrieges auf den Schlachtfeldern Europas durchlebten. Sie ahnten anfangs nicht, dass sie sich bald inmitten eines Krieges von ungeahnten Ausmaßes befinden würden, gezeichnet von furchtbaren Verlusten. In Indien fieberte man der Premiere des Films entgegen, nicht zuletzt wegen dem Hauptdarsteller. In der Hauptrolle des Sajjan Singh Rangroot ist der charismatische Sänger und Schauspieler Diljit Dosanjh zu sehen.

Der Verdienst und die erbrachten Opfer der indischen Soldaten finden – mit Ausnahme der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien - in Europa kaum Beachtung. Mehr als eine Million Inder kämpften im Ersten Weltkrieg, an der Westfront, in Afrika, Mesopotamien und im Nahen Osten in der britischen Armee. Auf der Sinai-Palästina Front dienten mehr als 95.000 indische Kämpfer. Ungefähr 10% verloren ihr Leben fern der Heimat. In den Jahren 1914-1918 kämpften sie gegen die türkisch-deutschen-österreichischen Armeen in Gallipoli, am Suezkanal, durch den Sinai nordostwärts gegen Damaskus mit entscheidenden Schlachten in Gaza, Yafo (Jaffa), Haifa, Nablus und Megiddo.

Doch es gibt noch einen Ort, an dem die Erinnerung an die gefallenen Söhne Indiens wach gehalten wird: Israel. Die israelische Post widmete zum 100. Jahrestag einige Sondermarken den indischen Soldaten. Laut der Commonwealth Kriegsgräber-Kommission wurde eine große Anzahl indischer Soldaten (etwa 900) auf Friedhöfen in ganz Israel beigesetzt. Einige bestattete man in den judäischen Bergen. Die Friedhöfe wie z. B. in Haifa und in Jerusalem, in denen die Asche der gefallenen Soldaten bestattet wurden, werden bis heute gehegt und gepflegt.

Seit 2012 gedenkt auch die Stadt Haifa jährlich in einer Zeremonie den gefallenen indischen Soldaten, denn Haifa wurde 1918 innerhalb einer Stunde von zwei Sikh-Bataillonen befreit. Der außergewöhnliche Mut des Commander Major der Jodhpur Lancer Dalpat Singh und seinen Männer brachten ihnen Auszeichnungen ein. Die Geschichte ihrer Tapferkeit steht in den Lehrbüchern in Israel. Er wird als "Held von Haifa" verehrt.

General Allenbys Respekt für die indischen Soldaten kann man an seinem Gruß erkennen, als sie am 11. Dezember 1917 vor dem Jaffa-Tor in Jerusalem vorbeimarschierten. Ihre Bedeutung wurde vom britischen Kommandanten Edmund Allenby verstanden: er wusste, er würde es kaum ohne sie schaffen. Die indischen Soldaten dienten in der Kavallerie, Kamelkorps, Infanterie und Logistikeinheiten. Viele von ihnen waren Muslime, und die Türken versuchten, ihre Entschlossenheit mit religiösen Appellen zu schwächen. Bis auf wenige Fälle scheiterte ihre Propaganda.

Die Elitetruppen stellten oftmals die Sikhs aus dem Punjab, dem Nordwesten Indiens. Sie galten als nahezu unbesiegbar. Zwei brutale Kriege hatten die Briten geführt, um das sagenumwobene Sikh-Empire zu unterwerfen. Nach dem zweiten blutigen Sikh-Krieg waren die Briten dazu übergegangen, die tapferen Sikhs in ihre Armee aufzunehmen. Später kämpften Sikhs auf vielen Schlachtfeldern des Empires – so auch im 1. Weltkrieg.

General Sir Edmund Allenby dokumentierte "die wunderbare Stärke indischer Soldaten". In einem anderen Dokument heißt es: "Ein Sikh-Bataillon schlich im Mondlicht die Berghänge hinauf und überwältigte die Garnison völlig unvorbereitet, wobei es über 200 Gefangene nahm und andere tötete und verwundete. Unter den Sikhs gab es nicht einmal ein einziges Opfer.“ Dabei waren die indischen Soldaten eher spärlich mit einem Gewehr und Speer ausgestattet, dennoch ist die Kampfstärke der Jodhpur- und Mysore Lancer und des Lahore Regiments legendär.

Am 9. Dezember 1917 bot der Bürgermeister von Jerusalem Hussein Al Husseini den Vorposten der britischen 60. Division die Kapitulation der Stadt an. General Allenby akzeptierte die Kapitulation und zwei Tage später zog er in die Stadt ein, nicht hoch zu Ross, wie ein Eroberer, sondern zu Fuß wie ein Pilger betrat er Jerusalem. Damit endete die 400-jährige osmanische Herrschaft über Jerusalem. Der Krieg war noch nicht gewonnen und weitere zermürbende Schlachten sollten folgen.

In einem Weltkrieg, der neue und grauenvolle Rekorde in der Zerstörung von Leben und Besitz aufstellte, war Jerusalem die einzige in die Kämpfe verwickelte Stadt, die, zur Freude ihrer Bewohner, unberührt von Schüssen oder Bomben, den Krieg überstand.

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